Wednesday 15 October 2025
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kurier.at - 5 hours ago

Benko-Prozess: Zwischen Erwartung und Urteil klafft eine Lücke

Wir müssen über unsere Erwartungshaltung sprechen. René Benko wurde heute (nicht rechtskräftig) zu 24 Monaten unbedingter Haft verurteilt, die U-Haft wird ihm angerechnet. Bis zu zehn Jahre hatten ihm gedroht. Sind wir zufrieden, fühlen wir uns wohl damit? Dass der Mann, der die größte Pleite in der Zweiten Republik verantwortet, etliche Menschen um ihre Arbeitsplätze und Investoren um ihr Geld gebracht haben soll, mit einem Frei- und einem Schuldspruch aus seiner ersten Verhandlung geht? Bitte nicht vergessen: Der von seiner U-Haft schwer gezeichnete Ex-Immobilienmogul wandert zurück in seine Zelle und wartet auf seinen nächsten Prozess. Der jetzige wegen betrügerischer Krida war erst der Anfang. Der startete schon mit einer vermeintlichen Enttäuschung. Warum klagt die WKStA in einem Strafverfahren mit mutmaßlichem Milliardenschaden als Erstes ein Delikt an, bei dem es „nur“ um 670.000 Euro geht? Und was soll eigentlich eine „betrügerische Krida“ sein, so der Tenor?Es kommt vor, dass die Justiz die Bürger mit ihren Entscheidungen fassungslos und enttäuscht zurücklässt. Grund ist nicht nur die Tatsache, dass es um komplexe Rechtsmaterie geht, sondern auch eine gewisse Erwartungshaltung, der unser Rechtsstaat in Wahrheit niemals gerecht werden kann. Weil Erwartungen immer durch Emotionen geschürt und durch persönliche Erfahrungen, mitunter durch politische Einstellungen und immer auch durch den so genannten gesunden Menschenverstand geprägt werden. Gerichte aber funktionieren nach einer anderen Logik. Sie kümmern sich nicht um Emotionen der breiten Masse. Sie handeln nach den Gesetzen und der Überzeugung, dass jeder Mensch im Zweifel als unschuldig anzusehen ist.Wenn aber Gerichtsurteile nur noch von studierten Juristen nachvollzogen werden können, dann hat die Justiz ein massives Problem.Das bekam jüngst die WKStA zu spüren, als sie im Postenschacher-Prozess gegen ÖVP-Klubchef August Wöginger widerspruchslos die Diversion und damit ein recht abruptes Verfahrensende akzeptiert hat. Oder der vorsitzende Richter eines Schöffensenats, der erklärte, warum zehn Burschen vom Vorwurf freigesprochen wurden, ein zwölfjähriges Mädchen missbraucht zu haben. Benko konnte nicht nachgewiesen werden, dass eine Mietzahlung dazu diente, Geld vor Gläubigern zu verbergen. Dass die Schenkung an seine Mutter denselben Zweck hatte, das wurde in den Augen des Gerichts mit annähernd 100-prozentiger Sicherheit festgestellt.Darüber mögen wieder viele unzufrieden sein. Zur (ergebnisoffenen) Erinnerung: Das war erst der Anfang.


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