Saturday 18 October 2025
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kurier.at - 1 days ago

Warum immer mehr Frauen in Österreich an Lungenkrebs sterben

2.463 Männer sind 2024 laut Statistik Austria an den Folgen von Lungenkrebs in Österreich verstorben. Demgegenüber stehen 1.761 Frauen, für die die Diagnose Bronchialkarzinom im selben Jahr ebenfalls tödlich endete. Insgesamt sind Lungenkrebs-bedingte Todesfälle europaweit seit Jahren rückläufig, wobei die Zahl der Frauen, die daran versterben, ansteigt und sich erst kürzlich leicht stabilisiert hat, während jene der Männer doch deutlich sinkt.Was steckt hinter den gegenläufigen Sterberaten? Zum einen haben Frauen später mit dem Rauchen angefangen , sagt Leyla Ay, Oberärztin an der Abteilung für Innere Medizin und Pneumologie an der Klinik Floridsdorf. Frauen kämen durch den späten Beginn jetzt in das Erkrankungsalter, weswegen sich ihre Mortalitätskurve den Männern annähert , sagt die Onkologin. Bei Frauen ist das Rauchen im Gegensatz zu Männern erst in den Siebziger- und Achtzigerjahren in Mode gekommen – als Ausdruck wachsender Emanzipation und auch als Reaktion auf gezielt auf Frauen ausgerichtete Werbung bzw. die Entwicklung von Light-Zigaretten und einem vermeintlich schonenderen Rauchen. Biologische Faktoren beeinflussen MortalitätFrauen sind auch biologisch vulnerabler, wenn es ums Rauchen geht. Frauen verstoffwechseln Nikotin hormonell bedingt ganz anders als Männer, dadurch entsteht das Suchtverhalten viel stärker. Außerdem zeigen Frauen häufiger Mutationen, die dazu führen, dass Lungenkrebszellen unkontrolliert wachsen und sich teilen, und auch Passivrauchen bei der Frau das Lungenkrebsrisiko erhöht. Das Kochen vor offenem Feuer als Risiko betreffe ebenfalls primär Frauen, sei aber in Österreich ein vernachlässigbarer Faktor, so Ay. Auch Infektionen mit Humanen Papillomaviren (HPV) können spezielle Arten von Lungenkrebs auslösen, Plattenepithelkarzinome in der Lunge etwa.Die Raucherzahlen in Österreich sind in den vergangenen Jahren insgesamt gesunken, insbesondere bei Jugendlichen, wo der Konsum klassischer Zigaretten seit 2002 stark zurückgegangen ist. Bei Erwachsenen sank der Anteil der täglich rauchenden Bevölkerung zwischen 2014 und 2019 laut Statistik Austria von 21,6 Prozent auf 20,6 Prozent. Im Trend liegen bei den Jungen neuere Ersatzrauchmittel wie E-Zigaretten oder auch Nikotinbeutel. Keine harmloseren Alternativen, wie Ay betont: Es gibt genug Daten, dass hierdurch genauso Entzündungen in der Lunge auslöst und jede chronische Entzündung ist potenziell karzinogen. Am gefährlichsten sei, rauchen und vapen zu mischen. Neben dem Rauchen spielt auch die familiäre Vorbelastung bei der Entstehung von Lungenkrebs eine Rolle: Allerdings gibt es beim Lungenkrebs keine genetische Veränderung, die vererbbar ist, wie beim Brustkrebs etwa. Aber grundsätzlich gilt bei jeder Krebserkrankung: Menschen mit familiärer Vorbelastung haben ein höheres Erkrankungsrisiko. Überlebenschancen seit 2000 verdoppelt Generell hat sich das Überleben mit Lungenkrebs über die letzten zehn bis 15 Jahre deutlich verbessert. So zeigte etwa eine französische Studie kürzlich, dass sich die Überlebenschancen seit 2000 verdoppelt haben. Ay rechnet damit, dass sich dieser Trend weiter fortsetzen wird: Wir erwarten für die nächsten Jahre noch bessere Zahlen. Einer der ausschlaggebendsten Gründe dafür liegt in modernen therapeutischen Möglichkeiten. Bei Lungenkrebs hat sich enorm viel getan, die Prognosen haben sich deutlich verbessert, immer mehr Betroffene können mit guter Lebensqualität trotz der Lungenkrebsdiagnose weiterleben – auch wenn noch viel Luft nach oben ist. Neben der Verbesserung von Operationsmethoden sowie dem gezielteren Einsatz von Chemo-, und Strahlentherapien liegt ein besonderer Fortschritt in der Möglichkeit der molekularen Testung. Jeder Krebs ist unterschiedlich. Wenn man ihn testet, kann man Patientinnen und Patienten mit gezielten und personalisierten Therapien behandeln, was ein besseres Ansprechen bewirkt und Betroffenen mehr krankheitsfreie Zeit bringt. Dies sei insbesondere für Frauen relevant: Frauen haben häufiger molekulare Veränderungen im Krebsgewebe als Männer, insbesondere als Nichtraucherinnen. In Österreich sei ein solches Vorgehen seit Jahren Standard. Hier haben wir in Europa sicherlich eine Vorreiterrolle. Insbesondere in frühen Krankheitsstadien kann eine gezielte Therapie die Heilungschancen verbessern.Oft spät erkanntEine frühe Diagnose beeinflusst das Überleben also maßgeblich. Allerdings verursacht das Bronchialkarzinom lange Zeit keine Beschwerden. Wenn erste Symptome auftreten, sind sie meist unspezifisch. Chronische Husten oder Atemnot können etwa auch bei vielen anderen Erkrankungen vorkommen. Das Resultat: Fast 50 Prozent der Lungenkrebserkrankungen werden erst im Stadium 4 erkannt. Der Krebs hat sich dann über die Lunge hinaus in andere Organe wie Gehirn, Leber oder Knochen ausgebreitet.Auf einem Röntgen- oder Computertomografiebild (CT) sind potenziell karzinogene Veränderungen an der Lunge aber bereits sehr früh sichtbar. In Österreich gibt es zur Früherkennung von Lungenkrebs aktuell kein gezieltes Vorsorgeprogramm, wie beispielsweise bei Brust- oder Darmkrebs. Fachleute fordern seit Jahren die Einführung eines solchen. Der lungenonkologischen Gemeinschaft ist das ein großes Anliegen, weil je früher wir Lungenkrebs erkennen, desto besser sind die Überlebenschancen. Insbesondere in frühen Stadien der Erkrankung können Betroffene mit modernen Medikamenten bereits vor einer chirurgischen Entfernung von entartetem Gewebe gut behandelt werden. Ay: Sinnvoll wäre ein jährliches low-dose CT-Screening für Risikopersonen ab 50 Jahren mit 20 sogenannten pack years – Jahren, in denen täglich eine Packung Zigaretten geraucht wurde. Stärkeres BewusstseinSeit 2021 läuft in Wien eine Registerstudie des Karl-Landsteiner Forschungsinstituts für Lungenforschung und Pneumologische Onkologie, genannt LALUCA (Longitudinal Analysis of Lung Cancer) mit dem Ziel, die Versorgung von Lungenkrebspatientinnen und -patienten zu verbessern. Mit Stand August 2025 haben wir an die 1.800 Patientinnen und Patienten in dieser Datenbank, deren Krankheitsverläufe wir verfolgen und Schlüsse daraus ziehen können. Das Bewusstsein für Lungenkrebs ist in der Bevölkerung jedenfalls gestiegen. Das zeigt sich auch an den heimischen pneumo-onkologischen Ambulanzen, beschreibt Ay: Es kommen vermehrt Patientinnen und Patienten zu uns, die starke Raucher sind und sich über Haus- oder Fachärzte selbst Lungenkontrollen organisieren. In vielen Fällen wird Lungenkrebs nach wie vor zufällig entdeckt: Zum Beispiel, wenn für eine OP-Freigabe ein Lungenröntgen gemacht wird. Auch Entwicklungen wie das Rauchverbot in der Gastronomie, welches seit 2019 in Österreich gilt, hätten laut Ay das Bewusstsein für die schädlichen Folgen des Rauchens geschärft. „In meiner Wahrnehmung gilt Rauchen heute tatsächlich an immer mehr Orten als verpönt, beispielsweise auch auf Spielplätzen.“


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